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Eine Barmbeker Perle muss poliert werden – das Keitel-Stift

01. März 2016 Frank Lundbeck

Manchmal passt einfach alles. Ich komme am 6.2. in unser Stadtteilbüro im Barmbek°Basch und gerate in ein lebhaftes Gespräch mit zwei Besucherinnen über das Keitel-Stift in der Lohkoppelstraße und den Zustand des imposanten Gebäudes von 1902. Vielen Älteren auch als „Schloss von Barmbek“ bekannt. Aber jetzt bin ich mit einer Mieterin am 11.2. zu einem Besuch im Stift verabredet. Am alten Metallzaun eine Tafel der Geschichtswerkstatt Barmbek, u.a. mit Nennung des Stifterpaares.

Bei genauer Betrachtung sieht das Gebäude nicht mehr ganz so imposant aus wie auf unserem ca. 85 Jahre alten Titelbild aus dem Bestand der Geschichtswerkstatt Barmbek: Ein Teil der schönen alten Balkonbrüstungen ist durch schnöde, weiß gestrichene Mauersteine ersetzt worden; die Grundplatten der Balkone müssten zumindest im vorderen Bereich überarbeitet werden. Die Fenster hätten einen neuen Schutzanstrich nötig. Dieser Eindruck setzt sich im Inneren fort, wo sich ein Strauß von Mängeln zeigt: Schäden im Mauerwerk, Ausblühungen im Mauerwerk, die auf
Feuchtigkeit im Mauerwerk oder Leckagen vom Dach her hindeuten könnten. Da hilft auch das gut gemeinte Überstreichen nichts. Im Gebäude fallen die langen, breiten Fluren mit den abgehenden, kleinen Wohnungen mit Sanitärzellen sowie die vielen Treppen und Treppenhäuser auf. Es gibt zwar einen kleinen Fahrstuhl, aber keinen stufenlosen Zugang zum Gebäude. Daher sind etliche Wohnungen an jüngere MieterInnen vermietet.

In der Wohnung bestätigt sich der Handlungsbedarf bei den Fenstern, an einer Stelle ein schwärzlicher Belag im Putz. Die Wohnung selbst ist hell und freundlich. Ob und ggf. welche Schäden in den anderen 48 Wohnungen vorhanden sind, kann man nur vermuten. Die Mieterin ist wenig begeistert, als ich ihr sage, dass der Zustand meiner Meinung nach für eine Einschaltung der Wohnungspflege nicht ausreicht. Im Gespräch wird deutlich, dass sie auf ihre Fragen nach Beseitigung der Mängel und vor allem nach der Zukunft des Gebäudes keine ausreichende Antwort bekommt. Sie mag ihre Wohnung, möchte aber Gewissheit, was mit dem Gebäude geschehen soll. Sie entschließt sich, am 13.2. in die Sitzung des Regionalausschusses im Barmbek°Basch zu kommen und in der Bürgerfragestunde ihre Sorgen vorzutragen.

Die Mieterin aus dem Keitel-Stift meldet sich in der Bürgerfragestunde, die jeweils kurz nach Eröffnung der Sitzung um 18 Uhr beginnt. Sie trägt ihre Anliegen ruhig und überlegt vor , reagiert schlagfertig auf den Einwand aus dem Ausschuss, erste Anlaufstelle sei immer der Vermieter: Dort erhalte sie keine befriedigende Auskunft. Ich unterstütze sie mit Hinweis auf die vielen Wohnungen – insgesamt 49 – und die Zukunftssorgen insbesondere der älteren MieterInnen.; spreche vom „morbiden Charme“ des Gebäudes und der Notwendigkeit von Baumaßnahmen. Die Ausschussmitglieder und die Verwaltung nehmen das Thema mit.

Am Dienstag telefoniere ich mit Ulrike Petersen von der Stattbau Hamburg in anderem Zusammenhang und erwähne dabei das Keitel-Stift. Eine Neuigkeit für mich: Frau Petersen betreibt zusammen mit Frau Kränzlin von der Homann-Stiftung und Herrn Jörn von der Patriotischen Gesellschaft von 1765 die Aktion „ Perlen polieren – eine Initiative für Hamburger Wohnstifte“. Die Aktion hat bereits eine Bestandsaufnahme der Situation Hamburger Wohnstifte mit ihren mindestens 5.000 BewohnerInnen durchgeführt. Dabei habe sich erheblicher – auch finanzieller – Handlungsbedarf ergeben. Für manche Gebäude gehe es darum, einen Abbruch zu verhindern und die meist zentral gelegenen Gebäude zukunftssicher zu machen. Näheres auf der Homepage der Aktion: http://www.perlen-polieren.de/startseite/

Am Nachmittag rufe ich den Geschäftsführer der Hartmut-Hesse-Stiftung an, die das Keitel-Stift verwaltet. Herr Greb gibt bereitwillig Auskunft und bestätigt meine Befürchtungen: Die Keitel-Stiftung ist selbständig und hat als Vermögen im wesentlichen nur das Stift. Das Grundstück ist von der Stadt gepachtet, so dass die Aufnahme weiterer finanzieller Belastungen ausscheidet. Die Wohnungen sind aufgrund der geförderten, grundlegenden Modernisierung und Instandsetzung um 1980 noch preis- und belegungsgebunden und erfordern einen „§ 5-Schein“; sie liegen mit einer Nettokaltmiete von gut 4 €/m²/mtl. am unteren Ende der erwähnten Bestandsaufnahme. Daraus ergibt sich fast zwangsläufig, dass die in der Miete enthaltenen Bestandteile für eine solide Instandsetzung auf Dauer nicht ausreichen. Herr Greb spricht über seine Bemühungen, zusammen mit allen Beteiligten wie der Stadt, der Investitions- und Förderbank (IFB) und der Politik eine Konstruktion zu finden, mit der das Gebäude für seine BewohnerInnen dauerhaft erhalten und in erforderlichem Umfang modernisiert werden kann; so nennt Herr Greb die Herstellung eines stufenlosen Zugangs in das Gebäude und zum Fahrstuhl. Herr Greb spricht von einem Informationsschreiben an die MieterInnen.

Am Mittwochabend informiere ich das SprecherInnenteam unseres Stadtteilrates bei unserer Vorbereitungssitzung für unsere nächste öffentliche Sitzung am 1.3.. Wir setzen dieses Thema auf die Tagesordnung.

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