Hamburgs lauteste Straße liegt in Barmbek-Süd
01. November 2016 Tilo SchmidtsdorffLärm und Luftverschmutzung machen krank. Aus medizinischer Sicht ist die Sache klar: Die Folgen der Luftverschmutzung sind Herzkreislaufbeschwerden, ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko sowie Allergien. Besonders sensibel reagieren ältere Menschen und Kinder sowie Menschen mit Vorbelastungen wie Allergien, Asthma oder Immunschwächen. Lärm verursacht in erster Linie psychische Belastungsstörungen wie Stress oder Depressionen sowie Konzentrationsstörungen – letzteres vor allem bei Kindern.
Ein Großteil der Schadstoff- und Lärmemissionen geht auf den Straßenverkehr zurück. Gemäß einer Studie des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz sterben an den Folgen der Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr etwa 7.000 Menschen pro Jahr. Hamburg gehört zu den stark belasteten Städten in Deutschland. Das Problem ist bekannt und wurde unlängst nochmals mittels Senatsanfrage seitens der Fraktion der GRÜNEN der Bezirksversammlung Hamburg-Nord durch die zuständigen Behörden bestätigt. Die lauteste Straße in Hamburg liegt mit Spitzenwerten von 78 dB(A) (Schalldruckpegel) tagsüber und 69 dB(A) nachts in Barmbek-Süd: Die Hamburger Straße. Ferner gehören u.a. die Dehnhaide oder der Barmbeker Markt zu den stark verlärmten Straßen im Stadtteil.
Während der Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen Maßnahmen zur Lärmminderung ab Schwellenwerten von 65 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts empfiehlt, wurden diese Grenzwerte in Hamburg 2008 durch den sogenannten Strategischen Lärmaktionsplan auf 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) herauf gesetzt. Anstatt also wirksame Maßnahmen zur Lärmminderung zu ergreifen, hat der Hamburger Senat die Situation bislang noch deutlich verschärft und bis heute nicht korrigiert.
Gleichwegs sollten wir Bürgerinnen und Bürger uns fragen, was wir tun können, um die Situation zu verändern.
Die Antwort liegt auf der Hand: Wir können unser Verhalten ändern und weniger Auto fahren. Warum? Laut Kraftfahrt-Bundesamt legen wir in Deutschland im Durchschnitt etwa 15.000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto zurück. Dem Umweltbundesamt zufolge emittiert ein PKW durchschnittlich etwa 150 Gramm Treibhausgase, Kohlenmonoxid, flüchtige Kohlenwasserstoffe, Stickoxide sowie Feinstaub pro gefahrenem Kilometer – macht zusammengenommen 2,25 Tonnen Abgase pro PKW pro Jahr. Man stelle sich einmal vor, man müsste die 22,5 Tonnen Abgase der vergangenen 10 Jahre, für deren Ausstoß man selbst verantwortlich zeichnet, privat lagern. Unser Autonutzungsverhalten funktioniert folglich nur, weil wir diese Verantwortung nicht selbst tragen.
Zur Geräuschentwicklung lässt sich folgendes sagen. Drei Faktoren tragen beim Auto maßgeblich zur Geräuschentwicklung bei: Die Aerodynamik, Reifenbreite und Motorengröße. Mit abnehmender Aerodynamik und zunehmender Reifenbreite und Motorengröße steigt die Geräuschentwicklung eines Autos überproportional im Verhältnis zur Geschwindigkeit. Große Autos wie SUVs machen unsere Stadt folglich lauter. Wenn wir auf den Kauf großer leistungsintensiver Autos verzichten, wird unsere Stadt leiser.
Zudem können wir uns vor jeder Fahrt erneut die Frage stellen, ob wir diese nicht auch anders bewerkstelligen könnten. Dies fordert und fördert Selbstdisziplin, wobei die Antwort vermutlich selten zu Gunsten einer Autofahrt ausfallen wird: Unser Stadtteil ist sehr gut an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen und die Veloroute 6 führt uns in gut 20 Minuten per Fahrrad in die Innenstadt. Und wieder können wir uns den Effekt unseres Handelns vor Augen führen: Wenn das Auto für eine Strecke von 10 Kilometer Hin- und Rückweg stehen bleibt, bedeutet dies 1,5 Kilo weniger Schadstoffe in der Luft, die wir zum Atmen brauchen. Falls wir uns doch für die Fahrt mit dem Auto entscheiden, so können wir uns aus drei guten Gründen dazu entscheiden langsam zu fahren:
- Es mindert die Lärmentwicklung
- Es mindert die Luftverschmutzung
- Der Straßenverkehr wird sicherer
Zum Beitragsbild:
72 Personen wollen in die Stadt – Ergebnis:
60 Autos:
Flächenverbrauch: 1000 qm
Luft- und Lärmbelastung pro Person: Hoch
Fahrräder:
Flächenverbrauch: 90 qm
Luft- und Lärmbelastung pro Person: Nahezu keine
Bus:
Flächenverbrauch: 30 qm
Luft- und Lärmbelastung pro Person: Niedrig
Quellen:
Bildquelle: Presseamt Stadt Münster
Freie und Hansestadt Hamburg (2016): Luftverschmutzung in Hamburg-Nord: Wie ist der Stand? Was tut der Senat? Anfrage gem. § 27 BezVG. URL: https://sitzungsdienst-hamburg-nord.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1004069 [Stand: 17.10.2016]
Freie und Hansestadt Hamburg (2016): Welche Straßen sind tagsüber verlärmt? Anfrage gem.§ 27 BezVG. URL: https://sitzungsdienst-hamburg-nord.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1004540 [Stand: 17.10.2016]
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. (2015): Mehr Tote durch Luftverschmutzung. URL: https://www.mpg.de/9404032/sterberate-luftverschmutzung-todesfaelle [Stand: 17.10.2016]
Umweltbundesamt (2016): Emissionsdaten. Emissionen im Personenverkehr. URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/emissionsdaten [Stand: 17.10.2016]
Kraftfahrt-Bundesamt (2015): Durchschnittliche Fahrleistung auf Vorjahresniveau. URL: http://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftverkehr/VerkehrKilometer/verkehr_in_kilometern_node.html [Stand: 17.10.2016]
Wikipedia (2016): Straßenverkehrslärm. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Straßenverkehrslärm [Stand: 17.10.2016]