Mesterkamp: Weiter ohne Bürgerbeteiligung
01. März 2018 Frank LundbeckEs geht um rund 450 neue Wohnungen und Bezirksamtsleiter Harald Rösler spricht von einem „Filetstück“. Außerdem entsteht für viele im Stadtteil eine völlig neue Nachbarschaft. Schon deshalb forderte der Stadtteilrat Barmbek-Süd vom ersten Tag an, die Bürger am Projekt Mesterkamp zu beteiligen. Und zu Beginn der Planungen sah es ganz gut aus.
Die Behörde lud zu Informationen in das Barmbek°Basch. Bei einem zweiten Termin forderte ein Behörden-Vertreter: „Sagen Sie alles, was sie wollen.“ Er versprach: „Ich schreibe alles auf, nichts geht verloren.“ So entstand eine Liste mit Anregungen und Forderungen für die Teilnehmer des nachfolgenden Architekturwettbewerbs. Das war es dann aber auch. Bis dahin eine reine Alibi-Veranstaltung. Denn was an dieser Stelle fehlte, war eine gemeinsame Diskussion von Politik, Verwaltung und Bürgern über diese Liste. Schließlich gab es viele offene Fragen. Und es fehlte eine gemeinsame Entscheidung. Unterm Strich: BürgerInnen-Beteiligung da, wo sie nicht stört und nichts bewirkt.
Der Stadtteilrat hakte nach: Wir sprachen mit hochrangigen Vertretern von SPD und Grünen, schickten Mails, telefonierten… Denn es gab ein Vorbild: die Planung zum Pergolenviertel zwischen City-Nord, Barmbek-Nord und Stadtpark. Dort existiert als neutraler Vermittler zwischen Bürgern, Politik und Verwaltung ein unabhängiger und überparteilicher Planungsbeirat – sogar mit eigener Geschäftsordnung. Dieses Gremium steht für alle Interessierten offen! Als „Forum Pergolenviertel“ begleitet es bis heute alle Planungsschritte. Aus Behördenkreisen hören wir inzwischen allerdings den Satz: „So was machen wir nie wieder.“
Das überrascht nicht. Denn wir kennen das traurige Schicksal des Koalitionsvertrags zwischen SPD und Grünen aus dem Jahr 2014. Er gilt noch und liest sich prima. Nur leider wurde nichts von dem umgesetzt, was die beiden Parteien damals vereinbarten für eine bessere Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten. Es gab einen Antrag, der das Vereinbarte für die Behörden verbindlich machen sollte. Und es gab eine Arbeitsgruppe für die dazu nötigen Vorbereitungen. Ergebnis: eine Vorlage der Verwaltung, die das Projekt „Bürgerbeteiligung“ beerdigte – von der Öffentlichkeit leider weitgehend unbemerkt. Der Stadtentwicklungsausschuss nahm‘s zur Kenntnis. Seither gilt wieder: Lasst das die Fachleute machen – die wissen, was sie tun und brauchen keine Einmischung von „unbedarften“ BürgerInnen. In Behördensprache ausgedrückt: „Wir haben bewährte Verfahren.“
Und so kommt es, dass sich Bezirksamtsleitung und Bezirksamt sogar bei kleineren Bauvorhaben über Gegenwind beschweren. Einwendungen und Klagen, heißt es, hätten zugenommen. Beides sind allerdings in einem Rechtsstaat völlig normale und zulässige Instrumente. Natürlich bedeuten sie zusätzliche Arbeit. Behörden denken dann gerne darüber nach, wie man die juristischen Eingriffe in Planungsprozesse verringern kann. Hinzu kommt, dass Investoren auf schnelle Umsetzung ihrer Projekte drängen. Ihr eingesetztes Kapital soll sich möglichst rasch amortisieren. Bei alledem stehen die Bürger mit ihrem Wunsch nach Beteiligung störend im Weg. Das Problem dabei: Die Anliegen und Einwendungen der BürgerInnen und Bürger sind oftmals völlig berechtigt.
Zum Projekt Mesterkamp gab es im Barmbek°Basch eine Öffentliche Plandiskussion (ÖPD) mit ca. 130 TeilnehmerInnen. Mit den vielen Diskussionsbeiträgen und Fragen aus dieser Veranstaltung sind wir erwartungsvoll in die nächste öffentliche Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses gegangen. Dort stellte sich heraus, dass die erste Behandlung der Bürgerwünsche und Vorschläge in nicht-öffentlicher Sitzung erfolgt war. Wir erinnerten daran, dass unser neuer Oberbaudirektor dazu auffordert, „Expertise zu teilen“. Uns wurde daraufhin „Frechheit“ vorgeworfen. Einer von uns hielt unser Positionspapier hoch und fragte, was mit den darin enthaltenen Punkten geschehen werde. Die Antwort auf unsere Frage blieb offen. Wir warten noch immer. „Ich hab‘ den Eindruck, für die ist das gelaufen“, beobachtet ein Politiker des Stadtentwicklungsausschusses. Er fordert uns auf dranzubleiben: „Seien Sie einfach penetrant!“